Herr Müller, was macht für Sie eine starke Marke aus?
Für mich sind zwei Dinge wichtig: Marken müssen glaubwürdig sein und eine eigene Persönlichkeit haben. Gute Marken bauen mit durchgängig hoher Qualität und Präsenz Vertrauen bei ihrem Nutzer auf – in unserem Falle beim Leser. Und: Viele erfolgreiche Marken haben eine Geschichte, die sie als Verantwortung mit sich tragen.
Eine hohe Verantwortung, denn Marken leben von Konsistenz.
Man hat seine Positionierung, man hat seinen Inhalt – aber die Marke ist das Spiegelbild der inneren Werte. Konsistenz sorgt für Wiedererkennbarkeit. Um den Kunden nicht zu verunsichern, muss man bei Veränderungen behutsam vorgehen. Ist die Marke stark genug, kann man sie lange bestehen lassen. Ich persönlich halte nichts davon, ständig an einer Marke zu schrauben.
Wie bewerten Sie den Relaunch Ihrer Zeitschrift KU Gesundheitsmanagement aus heutiger Sicht?
Die Anpassungen bei KU Gesundheitsmanagement liegen inzwischen etwa 15 Jahre zurück. Wenn ich meine MitarbeiterInnen motivieren möchte, dann zeige ich ihnen ein Cover der Zeitschrift, wie sie früher war. Die Gestaltung war ein Kind der Zeit, deshalb auch damals überhaupt nicht schlecht. Nach heutigen Maßstäben jedoch ist der Titel ein bisschen zu voll und die Innenseiten sogar ein wenig wüst. Wir haben dann im ersten Schritt die Marke KU klar herausgearbeitet, sie wiedererkennbar und gut lesbar gemacht. Das zu der Zeit noch verwendete Markenelement der Welle wurde zu einem feinen blauen Strich reduziert, der die Klarheit der beiden Buchstaben KU noch einmal betont. Diese Klarheit war für mich damals der große Wurf.
KU steht für „Krankenhaus Umschau“. Der Begriff stand früher noch neben den beiden großen Buchstaben – und der beschreibende Zusatz „Fachmagazin für Führungskräfte der Gesundheitswirtschaft“ wurde neu hinzugefügt.
Genau, und auf die „Krankenhaus Umschau“ haben wir im Relaunch verzichtet. Damals eine mutige Entscheidung, die ich aber immer wieder so treffen würde – auch was das Layout und die Typografie angeht. Mit der Integration des Zusatzes „Gesundheitsmanagement“ wollten wir die klassische KU-Zielgruppe – Menschen mit Führungsverantwortung in Krankenhäusern, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen – um Führungskräfte im gesamten Gesundheitsmanagement erweitern. Das gelang uns leider nicht so wie geplant. Unser Fachtitel richtet sich an das Management von Krankenhaus- und Rehakliniken.
Umparken fällt vielen LeserInnen schwer
Zu unserer nach wie vor starken Position hat auch die Markenerweiterung um Bücher, Veranstaltungen für Codier-Fachkräfte und das Online-Portal beigetragen – alle mit identischem Branding. Übrigens gibt es heute noch viele auch jüngere Krankenhaus-ManagerInnen, die wie selbstverständlich „Krankenhausumschau“ sagen. Dabei ist das Wort schon seit 15 Jahren gar nicht mehr auf dem Titel. Da sieht man, wie schwierig Umparken ist.
Inwieweit spiegelt heute das äußere Kleid der KU ihre inneren Werte wider?
Kernzielgruppe des Printprodukts sind ManagerInnen. Da zählen Ernsthaftigkeit, Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Deshalb sind wir hier eher konservativ, inhaltlich aber immer State of the Art, praxisnah und auf Augenhöhe. Eine Zeitschrift für andere Themen würde sicher anders daherkommen – frischer, lockerer, bunter. Natürlich sind auch in der KU mal Illustrationen, aber die Zeitschrift ist doch eher streng im Aufbau. Diese Strenge spiegelt sich auch in der Marke wider: Klinikmanagement ist ein ernstes Geschäft.
Sie sind ein Befürworter von behutsamen Weiterentwicklungen einer Marke. Trotzdem: Gibt es einen richtigen Zeitpunkt für den großen Schritt, also komplett neu zu denken?
Wenn die Zeit reif ist. Nehmen Sie das Beispiel Unternehmensmarke MGO. Der Relaunch war ein sinnhafter, guter Schritt. Das neue Logo lässt sich besser kommunizieren und auch vermarkten. Bei Produktmarken gilt für mich: Wenn wir heute einen starken Titel übernehmen, der jedoch im Markt untergeht, dann stimmt etwas mit der Marke nicht. Ich würde dann einen Schnitt machen und die Marke zwar nutzen, aber umgestalten.
Heute hat die KU einen sehr aufgeräumten Titel, die Marke atmet und hat Strahlkraft. Das Titelbild ist immer freigestellt und wirkt damit schwebend leicht. Im Sinne der Fokussierung sind auch die Teaser für die Themen im Heft auf zwei reduziert, die Innengestaltung ist zeitgemäß. Alles ist klarer und es macht mehr Freude, die KU zu lesen.
Der positive Eindruck des Titels setzt sich beim Umblättern fort. Die Infografiken und Abbildungen, das Editorial, das Inhaltsverzeichnis – alles lädt ein, das Heft weiter zu entdecken. Wir wissen, dass Führungskräfte wenig Zeit haben. Daher haben wir festgelegt, dass die Artikel im Schnitt nur etwa drei Seiten lang sein sollen. Diese Reduktion auf das Wesentliche kommt an.
Welche Bedeutung hat ein Sparringspartner wie das Bergwerk bei solchen Prozessen?
Bergwerk hat uns schon vor Jahren beigebracht, wie wichtig das richtige Maß an Veränderung und Konstanz ist. Trotz aller Systematiken und Analysen, ob eine Marke zu sanieren ist oder komplett neu gebaut werden muss, gibt es bei Markenprozessen immer beides: Bauch und Verstand. Wenn ich verschiedene Vorschläge der betreuenden Agentur sehe, weiß ich recht schnell, in welche Richtung es gehen könnte. Deshalb ist Markenarbeit Chefsache. Sie ist nicht delegierbar, denn dann haben Sie unterschiedliche Richtungen, die auch unterschiedlich aussehen.
Die Reduktion auf das Wesentliche kommt an. <span class="quote-author">Bernd Müller, Geschäftsführer Fachverlage der Mediengruppe Oberfranken in Kulmbach</span>
Die Dachmarke als konstituierender Faktor
Es gibt ein Markenbild, das sich dann durch den kompletten Markenauftritt durchzieht. Daher lege ich auch Wert darauf, dass sich Tochtergesellschaften nicht zu stark von den vorgegebenen Markenrichtlinien entfernen. Eine starke Dachmarke ist ein konstituierender Faktor.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Bergwerk erlebt?
Bei der Agentur Bergwerk hat uns gefallen, dass sie die Aufgabenstellung gut erkannt hat. Ich persönlich finde auch die Umsetzung sehr professionell, die Arbeit hat eine gute gestalterische Handschrift. Wir arbeiten ja schon über 15 Jahre in der analogen und digitalen Markenarbeit zusammen, und die Qualität ist über die gesamte Zeit unverändert hoch. Wir sind miteinander und aneinander gewachsen.
Sie haben im Verlag viele gute Gestalter – trotzdem setzen Sie bei der Markenarbeit auf den Blick von außen. Warum?
Natürlich haben unsere Mediengestalter gesagt „das können wir selbst“. Ich bin jedoch der Meinung, dass man für die grundlegenden Dinge Profis von außen braucht. Das Bergwerk hat in den vergangenen Jahren viele Marken für uns entwickelt, die bis heute praktisch unverändert sind. Damit haben wir einen Rahmen, an dem wir uns für weitere Entwicklungen orientieren. Dieses Vorgehen und diese Investition zahlen sich langfristig aus. Hätten wir es nicht gemacht, wären wir nicht so erfolgreich, wie wir es heute sind.
Wir als Agentur verstehen unsere Aufgabe so, dass wir die Grundlagen schaffen und unsere Kunden dann befähigen, mit diesen Werkzeugen zu arbeiten. Dieses Befähigen beinhaltet Schulungen, aber auch die Möglichkeit, unsere Denkweise kennenzulernen – die Philosophie, die hinter unserer Arbeit steckt. Der Gestaltungsprozess selbst findet in enger Abstimmung mit den verantwortlichen MitarbeiterInnen des Kunden statt, um den Blick für das Machbare nicht aus den Augen zu verlieren.
Ja, diese Arbeitsteilung ist richtig. Wir kennen unsere Märkte am besten und passen die von der Agentur gelieferten Vorgaben an die neuen Anforderungen an. Und nach einer gewissen Zeit braucht es dann neue Ideen, die neue Impulse setzen.
- Sitz: Kulmbach
- Zahl der Mitarbeitenden: 96
- Betreutes Anlagevolumen: EUR 14 Mio.*
*Stand: 2021